„Mehr als Musik“: LAK im Interview


Ein Interview mit L.A.K. anlässlich ihres neuesten Albums „Nichts eingebüßt“ rund um die Themen Punkrock, Politik und den FC St. Pauli.


361°: Für alle, die euch noch nicht kennen, schreib doch ein paar ganz kurze Worte zum Hintergrund von LAK. Seit wann gibt es euch, wo kommt ihr her und wie seid ihr zum Punkrock gekommen?

Frank: Moin, wir sind LAK (Lust auf Kunst) und kommen aus der Aschaffenburger Gegend. Angefangen hat alles 1995 aber seit 98 sind wir in der jetzigen Besetzung (Eiler – Gesang, Maxi – Bass, Frank – Schlagzeug) unterwegs. Zum Punkrock sind wir ganz klassisch über die Musik gekommen, wobei für uns damals relativ schnell fest stand, dass Punk so viel mehr als nur die Musik ist.

Die Veröffentlichung eures neuen Albums „nichts eingebüßt“ ist jetzt ein halbes Jahr her. Wie fiel die bisherige Resonanz aus?

Frank: Die Resonanz fiel durchweg positiv aus, teilweise sogar sehr euphorisch. Wir bekommen viel Feedback, sei es von Magazinen, von anderen Bands oder von Einzelpersonen, welche unsere Platte gut abfeiern. Das geht teilweise schon runter wie Öl.

Eure vorletzte Platte habt ihr komplett in Eigenregie beim eigens gegründeten Label „Lebendig Tonträger“ veröffentlicht. Das neue Album erschien bei Wiewaldi-Tonträger. Wie kam es dazu?

Frank: In Eigenregie bedeutet immer eine Menge Arbeit und diese Arbeit wollten wir dieses Mal gerne jemand anderem überlassen.

Ist diese Rechnung so aufgegangen? Oder hattet ihr am Ende doch ne ganze Menge zu tun?

Frank: So teilweise, denn wir hatten mit den Aufnahmen und dem Mastering ja gut Arbeit und des Weiteren haben wir unsere Grafikerin glaube ich des Öfteren in den Wahnsinn getrieben. Aber die Gute hat von sich aus immer 2-3 Versionen von unseren Wünschen erstellt und bekam dann von uns auch immer schön 3 verschiedene Favoriten genannt (lacht). Aber letztendlich sind wir alle sehr zufrieden und um das Presswerk usw. mussten wir uns dann zum Glück nicht mehr selbst kümmern.

„Nichts eingebüßt“ wirkt musikalisch um einiges vielseitiger als die Alben zuvor. Textlich dagegen seid ihr voll auf eurer Linie geblieben. So drehen sich die Songs zum Großteil wieder um Politik, Fußball, persönliche Erlebnisse und natürlich die Liebe zum Punkrock. Wer ist bei euch für die Texte verantwortlich?

Frank: Die meisten Texte kommen nach wie vor von mir, wobei auf der aktuellen Scheibe auch die anderen beiden Ihr Können unter Beweis gestellt haben und mit „Irgendwann“ (Maxi) und „Joe Strummer“ (Eiler) geile Texte beigesteuert haben!

In euren Songs thematisiert ihr den Umgang deutscher Behörden mit Geflüchteten. In anderen Liedern geht es um verschiedene Formen von Diskriminierung und Unterdrückung. Dazu zieht sich eine Art Systemkritik wie ein roter Faden durch eure Platten. Sind die Texte für euch in erster Linie eher persönliches Ventil oder geht es euch darum, eine Message zu verbreiten?

Frank: Die Texte handeln von Dingen, die uns beschäftigen. Als Ventil würde ich es nicht bezeichnen, da hat jeder doch noch seine eigenen anderen Möglichkeiten seine Wut abzubauen. Eine gewisse Message sollten die Texte aber natürlich schon haben. Wir wollen jetzt zwar nicht mit erhobenem Zeigefinger irgendwas vorschreiben, aber auf belanglose Scheiße haben wir auch keine Lust. Die Leute sollen sich ruhig mal ein paar Gedanken zu unseren Texten machen.

Aus eigener Erfahrung kann ich durchaus sagen, dass Texte ihre Wirkung haben. Als Dorfpunks in der Miltenberger Provinz haben wir die Texte aus CD- und Plattenbooklets verschlungen. Das hat definitiv Neugierde geweckt und politisiert.

Doch das war Mitte der 90er Jahre und damals war Punk noch um einiges lebhafter als heute. Selbst im Landkreis Miltenberg, aus dem ihr ursprünglich herkommt, war ordentlich was los. Ob in der JUI Miltenberg, dem Jugendhaus Erlenbach oder dem Nachwuchs Festival in Obernburg: gut besuchte Punkkonzerte waren keine Seltenheit. Ich erinnere mich auch noch an den Bauwagen in Elsenfeld, der euch samt Grundstück nach einigem Rabatz für Konzerte und Treffen zur Verfügung gestellt wurde. Oder über die in Elsenfeld angekündigten Chaostage, welche das Rathaus dazu bewogen das ganze Schwimmbad wegen angeblicher Reparaturarbeiten zu schließen.

 

… bis das Rathaus ein Gelände samt Bauwagen zur Verfügung stellte

Der Elsenfelder Marktplatz war Treffpunkt für Punks aus dem Umkreis

Flyer für`s Punkertreffen 95 – damals noch Handarbeit

 

Heute dagegen sieht es – zumindest in der Region – sehr spärlich aus. Punk (wie auch andere „klassische“ Subkulturen) sind fast gänzlich verschwunden. Konzerte sind eher selten und das Durchschnittsalter des Publikums meist relativ hoch. Auf den Punkt gebracht kann man sagen, Punk ist am austrocknen.
Vielleicht ist das auch eine sehr regionale Sichtweise und woanders ist die Entwicklung eine ganz andere. Wie nimmst du das, vor allem aus Bandperspektive, wahr?

Frank: Ja, da hast du auf jeden Fall recht. Punk ist zwar nicht tot, aber der Nachwuchs fehlt fast überall. Wenn wir Konzerte spielen sind die Leute mittlerweile meist älter. Es gibt wirklich wenige junge Punks. Das ist sehr schade und ich kann Dir auch nicht sagen woran das genau liegt, aber irgendwie scheint Punk seinen Reiz für junge Leute verloren zu haben. Vielleicht liegt es daran, dass man nicht mehr wirklich damit provozieren kann oder, dass es mittlerweile auch viele andere bzw. neuere Subkulturen gibt. Wie gesagt, keinen Plan woran das liegt, aber es ist definitiv so das nicht viel nachkommt. Aber dafür freuen wir uns, dass auch wirklich viele ältere Leute Ihre Punkwurzeln nicht vergessen haben bzw. sich immer noch sehr gut mit Punk identifizieren können!

Ein immer wiederkehrendes Thema in euren Songs ist die Leidenschaft für Fußball und im speziellen für den FC St. Pauli. Als am 23.08.18 dutzende HSV-Anhänger eines eurer Konzerte in Hamburg stören wollten, bezeichnete euch das Hamburger Blatt Morgenpost als „St.-Pauli-nahe Band der Fanszene“.  Eine Beschreibung in der ihr euch wiederfindet?

Frank: Ich denke das kann man im Großen und Ganzen schon so stehen lassen. Ich hab z.B. ein sehr intensives Verhältnis zu St. Pauli. Ich wohne seit vielen Jahren in Hamburg und hab die letzten 10 – 15 Jahre eigentlich nur Spiele verpasst, egal ob Auswärts oder Zuhause, wenn wir mit LAK unterwegs waren. Ich versuche auch unsere Konzerte so zu legen, dass ich das Spiel trotzdem noch irgendwie mit einbinden bzw. erreichen kann. Das erfordert immer großes Organisationsgeschick, aber meistens klappt es ganz gut (lacht). Bei den anderen beiden ist das Ganze nicht so ausgeprägt wie bei mir. Maxi ist zwar auch Fan des magischen FC, aber er kommt eher selten mit auf Spiele. Eiler mag Fußball an sich sehr gerne und drückt St. Pauli und der Eintracht aus Frankfurt die Daumen.

Was ist für euch das besondere am FC. St. Pauli?

Frank: Puh. Da kannste ein ganzes Buch drüber schreiben und hast noch nicht alles drinnen, aber am erfolgreichen Fußball kann es nicht liegen (lacht). Der FC St. Pauli steht für soviel mehr als Fußball, sei es Antirassismus, sei es Antisexismus und so weiter und so weiter. In einem einzigen Satz ausgedrückt würde ich sagen „St. Pauli ist die einzige Möglichkeit“

Du selbst wohnst seit längerem schon in Hamburg. 2017 fand dort der G20-Gipfel statt. Die Bilder der Gegenproteste gingen um die Welt. Haben sich vor Ort die Stimmung und das Verhalten der Polizei seit G20 verändert?

G20-Protest in Hamburg 2017 (Foto: Holger Griebner – Umbruch Bildarchiv)

Frank: Dass die Polizei an dem Wochenende komplett durchgedreht ist und für die Eskalation verantwortlich war, muss ich glaube ich nicht mehr groß erzählen. Das hat wohl wirklich jeder/jede mitbekommen. Aber auch fast 2 Jahre danach ist der G20-Gipfel nach wie vor Thema hier. Die SoKo „Schwarzer Block“ ist ja immer noch aktiv und veröffentlicht hin und wieder mal neue Fahndungsbilder. Dass die daraus folgenden Gerichtsurteile ein Exempel statuieren sollen, welche sich normalerweise nicht mit einem Rechtsstaat in Einklang bringen lassen, sollte hoffentlich auch Allen klar sein. Und mit den ganzen Gesetzesverschärfungen haben wir leider auch noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.

Zurück zur Musik und einen Blick Richtung Zukunft. Nächstes Jahr steht ein großes Jubiläum ins Haus: 25 Jahre L.A.K. Gibt’s schon spezielle Pläne für ein besonderes Happening?

Frank: Oh stimmt. Das ist ja nächstes Jahr. Da müssen wir uns wirklich mal was überlegen… Hm, wie wäre es mit auflösen? (lacht)

Regional habt ihr die letzten Monate mit Jugendhaus Erlenbach, Stern und Colos Saal fast alle Bühnen abgeklappert. Wo gibt es dieses Jahr noch die Gelegenheit euch zu sehen?

Frank: Ja, das stimmt. Regional haben wir nach Veröffentlichung der neuen Platte relativ häufig gespielt. Aber da alle Konzerte den Möglichkeiten entsprechend wirklich gut besucht waren, gingen wir den Leuten wohl noch nicht auf den Sack. Über den Sommer spielen wir das ein oder andere Festival, wie Rock am Berg, Resist to Exist, Kulturschock und für Herbst/Winter sind wir gerade noch in der Planung. Schaut einfach hin und wieder mal auf unseren Online-Seiten vorbei.

Zum Abschluss noch ne Empfehlungsrunde: welche Bands sollte man sich 2019 unbedingt noch live geben?

Frank: Puh. Das ist auch wieder eine schwierige Frage, weil wir Drei teilweise sehr unterschiedliche Musikgeschmäcker haben. Ich persönlich finde ja, dass im deutschsprachigen Bereich die letzten Jahre nicht wirklich gute Bands nachgekommen sind und die alten Bands kennt eh jeder/jede. Wenn Du jetzt unbedingt ne Empfehlung von mir haben willst, dann sag ich mal Arrested Denial. Die Hamburger Band gibt es zwar schon länger, aber meiner Meinung nach bekommen die viel zu wenig Aufmerksamkeit, denn das ist wirklich eine geile Band. Aber ganz generell gesagt, besucht einfach so viele Konzerte wie möglich. Gebt Euer Geld für Gigs und Bier aus, in diesem Sinne – cheers and goodbye!

Besten Dank für die Beantwortung der Fragen!

 


Das Interview wurde im April 2019 mit Frank per Email geführt und anschließend von der gesamten Band „abgesegnet“. Vielen Dank auch an Maxi für das Zusenden der alten Zeitungsartikel, welche alle aus dem Jahr 1995 stammen.

Mehr Infos zur Band und alle Konzerttermine findet ihr unter www.l-a-k.de

 

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Eine Antwort

  1. Thomas sagt:

    Ein wunderbarer Artikel! Danke! Vor allem die geilen Fotos aus der Bauwagenzeit haben mich sehr gefreut!

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