Eine üble Mischung?

„Fridays gegen Altersarmut“ (FgA) in Aschaffenburg. Am vergangenen Freitag, 24.01.2020, fanden bundesweit von einer facebook-Gruppe initiierte Proteste gegen Altersarmut in Deutschland statt. Auch ein Aschaffenburger Ableger hatte sich gebildet und eine Kundgebung am Schöntalpark angekündigt.
Bei FgA handelt es sich offensichtlich um eine von Rechts initiierte Kampagne, die unter dem Vorwand sozialen Protests, versucht, Menschen für eine rechte Mobilisierung einzuspannen.

Rechtsextreme Organisationen wie die Partei „Die Rechte“ erkennen, welches Potential in dieser entstehenden Bewegung steckt und rufen unverhohlen zur Teilnahme auf:

„ Die „Fridays gegen Altersarmut“ sind explizit überparteilich und Parteienwerbung ist bei den Veranstaltungen nicht erwünscht – das sollte respektiert werden. Natürlich bieten die Veranstaltungen aber eine gute Möglichkeit, sich mit ähnlich gesinnten auszutauschen, zu vernetzen und den Widerstand gegen das Establishment noch breiter auszubauen.“

Zu den weiteren Versuchen rechter Einflussnahme gibts es zahlreiche aufklärende Artikel u.a. bei Frankfurter Rundschau, BR, Volksverpetzer.

Auch die Initiatoren der Kundgebung in Aschaffenburg sind sich dessen offensichtlich bewusst, legen allerdings keinen großen Wert auf eine Distanzierung von Rechts sondern streiten die Vorwürfe einfach ab. Dabei offenbart sich bei den Initiatoren und vielen Sympahtisanten ein Weltbild, wie wir es von den Analysen der Anhänger der PEGIDA-Proteste her kennen. Liest man sich die Diskussionen der FgA-Unterstützer auf Facebook durch, geht es inhaltlich kaum um das Thema Altersarmut. Stattdessen wird sich vor allem über „die Lügenpresse“, „Altparteien“ und vermeintliche Bedrohungen durch „die Antifa“ ausgelassen. Ging der Kelch mit PEGIDA bisher an Aschaffenburg vorüber, so scheint sich bei den FgA-Sympathisanten dieses Milieu nun auf der Straße zu manifestieren.

Und auch hier entzündet und verbreitet sich der Protest in den Bubbles und Echokammern sozialer Medien rasant. AfD- und sonstige rechte Propaganda werden von Personen, die Sympathien für FgA-Aschaffenburg zeigen, zahlreich geteilt. Rechte und nationalistische Tendenzen treffen in hohem Tempo auf einen breiten Resonanzraum, kanalisieren vorhandene Wut und tragen diese auf die Straße.

Man versteht sich dabei als Teil der aufgewachten Patrioten, die sich gegen „das System“ zur Wehr setzen. Auffällig dabei ist vor allem das weitgehende Fehlen konkreter Inhalte oder politischer Forderungen, die den Raum für diffuse Ängste und starke Emotionalisierungen öffnet. Das politische Verständnis dieses Milieus offenbart einen Hang zu autoritären, sozialchauvinistischen und rassistischen Positionen. Versteckt hinter einer völlig unreflektierten „wir sind das Volk, wir haben recht“-Haltung.

Das Feindbild Antifa hat sich in diesen Kreisen zu einem Mythos entwickelt, der teils absurde Auswüchse annimmt. So meinte einer der FgA-Vertreter, angesprochen auf die fehlende Außenwirkung der Kundgebung in Aschaffenburg, dass die Veranstalter aus „Angst vor Angriffen der Antifa“ aus eigener Initiative auf auffälligere Außenwirkung verzichteten. Für die informierte Leser*in mag das absurd erscheinen, gibt es doch seit Jahren keine öffentlich auftretende, geschweige denn militante Antifa in Aschaffenburg. Doch real hat diese Annahme die Folge, dass sich FgA-Aschaffenburg einen Schutzdienst organisierte, der augenscheinlich von älteren Rockern gestellt wurde. Da sich zudem auch teils bekannte Nazis („Aryans“) an der Kundgebung beteiligten, stellt sich die Frage von wem hier tatsächlich eine Gefahr ausgeht.

Die Aschaffenburger Kundgebung an sich war dann völlig unspektakulär. Ohne Transparente oder Redebeiträge versammelten sich nach und nach bis zu 50 überwiegend männliche Personen. Zu Beginn wurden Flyer verteilt, die allerdings sehr beliebig gehalten waren:


In Gesprächen klopfte man sich vor allem selbst auf die Schulter, bestätigte sich als Opfer von Lügenpresse und Antifa und schwenkte irgendwann zum „Wo gehen wir jetzt noch Biertrinken?“ um. Das Klientel, um das es beim Protest eigentlich gehen sollte, war nicht zu sehen.

Bundesweit blieben die Teilnehmerzahlen von FgA weitgehend hinter den Erwartungen zurück. In vielen Städten fanden sich nur kleine Grüppchen ein, teilweise, wie in Würzburg, gelang es auch, die Veranstaltungen durch Gegenproteste zu vereinnahmen und rechte Positionen zu verdrängen.

Die Kundgebung in Aschaffenburg, und auch die im nahe gelegenen Seligenstadt, dürften mit jeweils ca. 50 Teilnehmer*innen zu den größeren in Deutschland gehört haben. In Seligenstadt wurden die Aktionen von der rassistischen Initiative „Seligenstadt ist bunt genug“ organisiert. Bei vielen Veranstaltungen zeigten sich auch offen und angekündigt Vertreter rechter Parteien und faschistischer Organisationen.

FgA in Aschaffenburg sammelt ein rechtes Protestmilieu, das sich so bisher in der Stadt nicht zusammengefunden hat. Wie die Entwicklung weiter verlaufen wird, ist unklar. Offenbar gibt es unter den Initiatoren von FgA-Aschaffenburg keine Einigkeit, die Vereinnahmungsversuche von Rechts scheinen nicht allen Beteiligten zu passen. In Facebook Diskussionen zeigen sich erste Konflikte zwischen denen, die die Anwesenheit von Rechten explizit akzeptieren und jenen, die diese ablehnen. Gerade unter Anbetracht der eingangs beschriebenen Versuche der Einflussnahme von Rechts, ist eine Klarstellung diesbezüglich mehr als erforderlich, will FgA wirklich eine Bewegung sein, die sich dem Kampf gegen ungerechte Steuer- und Rentenpolitik zu Lasten der unteren Klassen verschrieben hat.

Doch schon das sich die Kampagne provokativ das Logo und den Slogan von „Fridays for Future“ aneignet, lässt zweifeln. Denn auch das passt zum Narrativ rechter Kreise, welche die Klimabewegung zum Feindbild erkoren hat. Durch die bewusste Themensetzung „Alt gegen Jung“ ist eine weitere Polarisierung gesellschaftlicher Positionen angestrebt, die sich an einem durch rechte Kräfte heraufbeschworenen „Generationenkonflikt“ verschärfen soll. Dies wurde bereits durch die koordinierte Kampagne gegen den WDR („Umweltsau“-Debatte) und nun durch „Fridays gegen Altersarmut“ deutlich.

Der Kampf gegen Armut und für soziale Gerechtigkeit ist fraglos absolut notwendig. Egal ob es um Kinderarmut, „Working Poor“ oder Altersarmut geht. Die Frage nach der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, nach Ausbeutung durch Niedriglohn- oder Leiharbeit, unbezahlte Care-Arbeit im Haushalt, das Hartz IV-System als solches – diese Themen müssen ernst genommen und wieder stärker politisch angegangen werden, als Kampf gegen das System der Armut und kapitalistischer Ausbeutung im Ganzen.

Auch die radikale Linke hat hier, trotz wieder erwachtem Bewusstsein und teils erfolgreicher Kampagnen in den vergangenen Jahren (z.B. Wohnungspolitik) , noch viel Spielraum.
Niemals jedoch darf dieses Feld rechten Kräften überlassen werden, die letztendlich eine Politik der Spaltung, ein gegeneinander Ausspielen von Hilfebedürftigen und Diskriminierung zum Ziel haben.

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5 Antworten

  1. Chris sagt:

    Wenn ich schon lese dass es hier „Rechte“ sind bekomm ich einen Magenkrampf!
    Richtige und fachlich korrekte Recherche wird anscheinend immer seltener.
    Informiert euch richtig bevor Ihr einen Haufen Müll verbreitet!!

  2. Bruno Stenger sagt:

    Diese Aussage:

    „FgA in Aschaffenburg sammelt ein rechtes Protestmilieu, das sich so bisher in der Stadt nicht zusammengefunden hat. “

    finde ich miserabel recherchiert, diskreditierend, verleumderisch und unverschämt den Organisatoren und Aktivisten gegenüber.

    Bruno Stenger

  3. Tasso sagt:

    @Chris
    Den Text am besten einfach mal lesen. Dann erklärt sich auch das „Rechte“ und du kannst dich wo anders austoben.

    @Bruno Stenger
    So aus dem Zusammenhang gerissen und einzeln gelesen wirkt der von dir zitierte Satz wirklich sehr pauschal. Allerdings steht danach ja auch:
    „Offenbar gibt es unter den Initiatoren von FgA-Aschaffenburg keine Einigkeit, die Vereinnahmungsversuche von Rechts scheinen nicht allen Beteiligten zu passen. In Facebook Diskussionen zeigen sich erste Konflikte zwischen denen, die die Anwesenheit von Rechten explizit akzeptieren und jenen, die diese ablehnen.“

    Damit wird ja schon deutlich das nicht alle Organisatoren und Aktivisten über einen Kamm geschert werden.

    Die Frage die mich in dem Zusammenhang beschäftigt: was hält Leute eigentlich davon ab sich klar und deutlich von rechts abzugrenzen?
    Meiner Meinung nach nur aus einem Grund: Aus dem Bewusstsein heraus, dass sie sich damit selbst oder zumindest einen wesentlichen Teil ihrer Anhänger ausschließen würden.

  4. Bruno Stenger sagt:

    Wie ich das sehe, ist die Bewegung in Aschaffenburg mittlerweiile gestorben.

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