#BLM Kundgebung Aschaffenburg
Die Tötung von George Floyd durch Cops am 25. Mai in Minneapolis hat eine bis heute anhaltende Welle zornigen Protests ausgelöst. Global erheben sich hunderttausende in einer antirassistischen Bewegung, wie es sie so noch nicht gab. Wie ernst die Lage und wie bitter nötig die Solidarität ist, zeigen auch die Berichte über weiter anhaltende brutale Polizeigewalt gegen die Protestierenden in den USA und die teilweise tödlichen Angriffe mit Fahrzeugen und Schusswaffen durch Anhänger*innen rassistischer und rechter Ideologien. Auch in Deutschland kam es zu Angriffen auf Protestierende:
Das ist die offizielle Stellungnahme vom linken Block bei der Silent Demo Berlin zu der rassistischen Polizeigewalt am 06.06.
Bitte lesen und weiterverbreiten!#b0606 #Polizeigewalt #silentDemo pic.twitter.com/DYsgIK7Pft— Migrantifa Berlin (@BEMigrantifa) June 9, 2020
Die rassistische Polizeigewalt bei #BlackLivesMatterGermany muss ein Nachspiel haben! [THREAD]
Am Samstag protestierten in Berlin Zehntausende. in Deutschland Hunderttausende gegen Rassismus, gegen rassistische Polizeigewalt, die oft tödlich endet.
1/5— [IL*] Berlin (@IL_Berlin) June 9, 2020
Dass sich die Bewegung so erfolgreich ausbreitet, liegt nicht nur daran, dass Rassismus überall erfahren wird und für die bestehenden Herrschaftstrukturen systemrelevant ist. Es ist unserer Ansicht nach auch eine Gegenbewegung zum seit Jahren anhaltenden Rechtsruck, die sich hier auf den Weg macht die Welt zu verändern.
Dass jetzt zehntausende, vor allem junge Menschen, mit einer antirassistischen Botschaft hierzulande die Straßen übernehmen, ist auch ein deutlicher Mittelfinger in Richtung AfD & Co. Und es lässt auch die Verschwörungsideolog*innen und völkischen Spinner*innen, die zuletzt wieder viel zu viel Medienaufmerksamkeit im Zuge der Diskussion um die Corona-Maßnahmen bekamen, richtig alt aussehen.
Tatsächlich verirrten sich wohl einige Anhänger*innen der „Corona Rebellen“ auch auf die Kundgebung am 06.06. auf dem Theaterplatz. Dies zeigen Reaktionen in ihrer Telegramgruppe, in der beleidigt Herumgenörgelt und die Kundgebung, die vom Afrika Freundeskreis Aschaffenburg e.V. zusammen mit dem Stadtjugendring durchgeführt wurde, rassistisch abgewertet wird.
Bis zu 300 Menschen könnten es gewesen sein, den Auflagen entsprechend mit Mundschutz und sehr locker auf dem Platz und drum herum verteilt. Zahlreiche selbstgemachte Plakate transportierten antirassistische Inhalte. Im Gegensatz zur lebhaften und kämpferischen Stimmung vieler Proteste in anderen Städten, ging es in Aschaffenburg eher beschaulich zu. Der Fokus lag auf den Redebeiträgen, in denen Erfahrungen mit Rassismus, vor allem auch durch Polizei und Institutionen, geschildert wurde. Von Besucher*innen der Kundgebung wurde durch verschiedene Plakate auch auf das Schicksal von Mareame Sarr aufmerksam gemacht, die am 14.07.2001 von einem Aschaffenburger Polizisten erschossen wurde.
Weiterführende Links zu den Protesten:
„Es ist nicht mehr zu ertragen“ (taz.de)
Wenn auch weiße Kleinstädter protestieren (neues-deutschland.de)
Stellungnahme der IL Hamburg zu Verhaftungen nach der Demo (post auf facebook.de)
Nachfolgend der Text eines Flyers, welcher ausgehend vom Verein Stern verteilt wurde:
Mareame Sarr
wurde am 14.Juli 2001 von einem Polizisten in Aschaffenburg erschossen.
Hintergrund war ein Streit der Senegalesin mit ihrem (weißen, deutschen) Ex-Ehemann um das Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn, den der Mann zuvor zu seinen Eltern entführt hatte. Die Schwiegermutter sagte zu Mareame. „Es ist besser, wenn der Junge bei uns aufwächst. Dann nimmt er wenigstens nicht Deine N…..-Mentalität an“.
Mareame hatte die Polizei vergeblich um Hilfe gebeten, um ihren Sohn zurück zu bekommen. Aber als der Mann die Polizei bei dem späteren Streit in seiner Wohnung rief, waren sofort zwei Beamte zur Stelle. Im Verlauf des Streits verletzt Mareame Sarr einen der Polizisten mit einem Küchenmesser leicht an der Hand. Daraufhin erschoss sie der zweite Polizist mit einem Schuss in den Oberkörper aus 1,5 Meter Entfernung.
Migrantische Gruppen protestierten in der Folge in Aschaffenburg, weil sie die Tötung von Mareame Sarr als Folge eines institutionellen Rassismus sahen und wiesen darauf hin, dass es andere Möglichkeiten gegeben hätte mit der Situation umzugehen, als Mareame zu erschießen. Sie forderten u.a. eine Anklage wegen Mordes und eine „Aufarbeitung und vollständige Beendigung von rassistischem Gedankengut und Verhaltensweisen, die in der deutschen Gesellschaft, bei der Polizei, in der Verwaltung und in anderen staatlichen Strukturen vorherrschen.“
Vergeblich: das Verfahren gegen den Polizisten wurde wegen „Nothilfe“ eingestellt. Im Gegenzug wurden aber ein Teil der Protestierenden wegen Verleumdung von Beamten (wegen eines Plakates mit der Beschriftung „Police, why did you kill Mareame?“) angezeigt.
Die ungeahndete Tötung von migrantischen und/oder schwarzen Menschen durch Polizist*innen ist auch in Deutschland kein Einzelfall !
Traurige Bekanntheit erlangte z.B. der Sierra-Leoner Oury Jalloh, der im Januar 2005 in einer Gewahrsamszelle des Polizeireviers Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt ums Leben kam. Obwohl inzwischen alle Indizien dafür sprechen, dass er dort misshandelt und getötet wurde, will die zuständige Staatsanwaltschaft kein neues Verfahren gegen die verdächtigen Beamten einleiten.
Rassistische Vorurteile von staatlichen Bediensteten, die in Nicht-Weißen nur allzu oft Kriminelle sehen, führen nicht nur dazu, dass diese Migrant*innen und schwarze Menschen in ihrem Alltag durch polizeiliche „Racial Profiling“-Kontrollen diskriminiert werden (zu beobachten mehrmals die Woche im Schöntal-Park), sondern auch zu massiver staatlicher Einschüchterung und Gewalt (Polizeieinsätze in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete wie z.B. in Ellwangen und Donauwörth) bis hin zu Tötungen (durch Brechmitteleinsätze oder luftabschneidende Knebelungen bei Abschiebungen). Oder eben dazu, dass Geflüchtete derzeit – im Gegensatz zum Rest der Bevölkerung – sehenden Auges weiterhin den Gefahren einer Covid-19 Infektion ausgesetzt sind: Sie haben in ihren Unterkünften mit Mehrbettzimmern, Gemeinschaftsküchen und sanitären Anlagen schlicht keine ausreichenden Möglichkeiten für Abstandswahrung und Infektionsschutz (auch nicht in der GU Aschaffenburg!)
Es liegt an uns allen, diesem staatlichen Rassismus entschieden entgegen zu treten!
No Justice – No Peace ! – #blacklivesmatter #leavenoonebehind
Quellen-Angaben: https://jungle.world/artikel/2001/36/bei-ankunft-todesschuss +++ http://no-racism.net/article/1925https://www.umbruch-bildarchiv.de/bildarchiv/ereignis/080901ndeyemareamesarr.html +++ https://heimatkunde.boell.de/de/2013/11/18/institutioneller-rassismus-deutschland-verpr%C3%BCgelt-beschimpft-und-angeklagt +++ https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/afrikanische-diaspora/59470/rassismus-im-strafrechtssystem
Weiterführende Links zu den Protesten:
Es ist nicht mehr zu ertragen“ (taz.de)
Wenn auch weiße Kleinstädter protestieren (neues-deutschland.de)
Stellungnahme der IL Hamburg zu Verhaftungen nach der Demo (post auf facebook.de)