Auslagerung am Klinikum Aschaffenburg: Krankenhaus statt Fabrik!
Die Systemrelevanten von gestern, sind die Gearschten von morgen! Dieses erwartbare Resümee kann im Fall der Bekanntgabe, dass die Wäscherei des Klinikum Aschaffenburg ausgelagert wird, gezogen werden.
Dabei überrascht nicht das Outsourcing an sich, sondern der Zeitpunkt, zu dem dieser Schritt vollzogen wird. Es ist erst wenige Monate her, dass Politik und Wirtschaft Arbeiter*innen und Angestellten (wie im Bereich Pflege, Einzelhandel, Logistik, usw) für ihren alltäglichen Einsatz während der sich ausbreitenden Corona Pandemie applaudierten. Man habe ihre Systemrelevanz erkannt.
Die jetzige Ankündigung der Schließung muss für die Betroffenen ein Schlag ins Gesicht sein. Sind es doch gerade meist unsichtbare Arbeiter*innen wie diese, die den Laden mit am Laufen halten und genau deswegen erst vor kurzem mit viel Tamtam geadelt wurden.
Laut Main Echo Online (Artikel vom 20.08.20), schließt die Wäscherei schon am 31. März 2021. Die dort ausgeführten Tätigkeiten sollen dann von einem externen Dienstleister übernommen werden. Den 25 noch angestellten Mitarbeiter*innen läge das Angebot vor „in die klinikeigene Servicegesellschaft KSA zu wechseln“.
Bei der KSA handelt es sich um ein an das Klinikum angeschlossenes Unternehmen. Mit dem Unterschied, dass die Kolleg*innen anders bezahlt werden, als die direkt am Klinikum angestellten. Einem Main Echo Artikel von 2015 nach gilt beispielsweise „für Sterilisationsassistenten, Küchenhilfen und Mitarbeiter im Hol- und Bringdienst der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, für die bei der KSA angestellten Kräfte in Alzenau der niedrigere Raumreinigertarif.“
Geschäftsführer der KSA ist der Krankenhauszweckverband. Dessen Vorsitz obliegt im Wechsel alle zwei Jahre dem Aschaffenburger Landrat (derzeit Dr. Alexander Legler) und dem Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg (derzeit Jürgen Herzing). Mehr Infos dazu hier.
Und warum das Ganze? Laut Krankenhaus lägen die bei der Wäscherei anfallenden Kosten „deutlich über dem Marktpreis“.
Da ist er also wieder, der scheiss Markt samt seiner verschissenen Ideologie. Der Markt, welcher angeblich alles zum besten regelt, in dem fairer Wettbewerb herrscht und wirklich jeder, sofern er oder sie nur will, die Karriereleiter erklimmen kann.
Doch Markt bedeutet in der Realität Konkurrenz, Spekulation, Ausbootung und Ausbeutung. Hier zählen keine Bedürfnisse, die es zu befriedigen gilt, sondern Kosten und Profite. Gesundheit wird zur Ware und Patienten werden zu Kunden.
Das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“ fasst völlig richtig zusammen:
„In den Krankenhäusern herrschen Personalnot, Über-, Unter- und Fehlversorgung. Bei den Entscheidungen über Behandlungen und Dauer des Krankenhausaufenthaltes wird nicht allein nach medizinischen Kriterien entschieden, sondern immer deutlicher danach, was sich gewinnbringend abrechnen lässt. Immer mehr Krankenhäuser werden privatisiert.“
Die Auslagerung der Aschaffenburger Klinikwäscherei ist als ein weiterer Schritt zur Fabrikwerdung des Klinikums zu bewerten. Denn bei der Wäscherei wird es sicher nicht bleiben. Zumal wir uns in nicht all zu ferner Zukunft mit den Versuchen konfrontiert sehen werden, die durch Corona bedingten wirtschaftlichen Einbußen und die Kosten der (an)laufenden Konjunkturpakete auf dem Rücken der Lohnabhängigen und öffentlichen Kassen wieder wett zu machen.
Dem sollten wir uns nicht nur entgegenstellen, sondern die anstehenden Konflikte um die Verteilung der Krisenlast für antikapitalistische Interventionen und progressive Forderungen nach Aneignung gesellschaftlichen Reichtums nutzen.
Das Klinikum ist (noch) in kommunaler Hand und auf dem Papier dem Gemeinnutz verpflichtet. In seiner Vision, schreibt der Krankenhauszweckverband: „Das Wohl der Menschen in der Region, nicht die Ideen einer fernen Konzernleitung, bestimmt ihr Handeln.“
Dass das erst mal nicht all zu viel wert ist, ist offensichtlich. Denn was nutzen kommunale Unternehmen in öffentlicher Hand, wenn sie am Ende doch privatwirtschaftlich geführt und nicht allen Angestellten wie auch Patient*innen und/oder Nutzer*innen ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht eingeräumt wird?
Perspektivisch muss es deswegen darum gehen, Bereiche wie Gesundheit & Pflege ausnahmslos der Markt- und Sachzwanglogik zu entziehen und zu vergesellschaften. Denn für qualitativ gute Gesundheitseinrichtungen ist der Markt kein Garant, sondern Feind. Man denke nur an die irrsinnigen Szenen im Zuge der Corona Pandemie, in denen die Preise für medizinische Grundgüter durch die Decke gingen und es zu Engpässen kam. Oder beispielsweise an die Bilder aus Italien oder Spanien, in denen es zur Überlastung der kaputtgesparten Gesundheitssysteme kam.
Diese Erkentnis und das massenhafte Aufbegehren von Angestellten und Patientinn*nen, wären die Vorraussetzung um mit dem System „Krankenhaus als Fabrik“ zu brechen.
Klar, das mag vermessen klingen. Gerade in Anbetracht der lokalen Situation mit einer behäbigen Stadtgesellschaft und einer überschaubaren linken Szene, in der Kämpfe entlang sozialer Fragen bislang wenig bis keine Rolle spielen. Doch genau dort hin zu kommen sollte ein Anliegen sein, dem sich die politisch Aktiven nicht verschließen sollten, insofern sie tatsächlich den Willen haben, wieder an gesellschaftlicher Relevanz zu gewinnen und dabei auch ihre eigene Betroffenheit in den Blick nehmen.
Als potentielle Bündnispartner*innen für solche Kämpfe um Aneignung und Vergesellschaftung kämen nicht weniger in Frage, als die meisten Einwohner*innen der Region. Wie im Falle des Klinikums Patient*innen eben, die auf eine gute gesundheitliche und öffentliche Versorgung jetzt und in Zukunft angewiesen sind. Und das sind wir fast alle.
Danke für diesen aufschlussreichen Artikel.
Solidarische Grüße, Gisela