Solidarität muss Praxis werden
Als Interventionistische Linke Aschaffenburg erklären wir uns solidarisch mit dem Arbeitskampf der Aschaffenburger Busfahrer*innen und den von Auslagerung betroffenen Beschäftigten am Klinikum Aschaffenburg.
Gemeinsam kämpfen statt klatschen!
Im März wurde noch für die Angestellten in den sogenannten „systemrelevanten Berufen“ geklatscht, für die Pfleger* innen in den Krankenhäusern und Altenheimen, Supermarkt-Kassierer* innen, aber auch Bus- und S-Bahn-Fahrer* innen und Müllabfuhr-Beschäftigte. Ein halbes Jahr später scheint es mit der Anerkennung für diese Beschäftigtengruppen nicht weit her zu sein. Minimale Prämien wurden nur an ausgewählte Gruppen verteilt – an der schlechten Bezahlung und der zum Teil belastenden Beschäftigungssituation hat sich nichts geändert. Auf Geschenke des Staates kann sich nicht verlassen werden.
Es ist also Zeit, sich die Anerkennung, welche die Gesellschaft noch vor einem halben Jahr mit ihrem Klatschen zum Ausdruck bringen wollte, selbst zu erkämpfen! Aktuell wird der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes neu verhandelt, der für viele kommunale Beschäftigte in genau diesen Bereichen die Arbeitsbedingungen regelt. In den Aschaffenburger Busbetrieben fand in diesem Zusammenhang am 28.09. der mittlerweile dritte Streik statt.
Der Verband kommunaler Arbeitgeber (VKA) bestreitet öffentlich die Notwendigkeit von Lohnerhöhungen und fordert eine „Null-Runde“. Dieser Konflikt geht aber nicht nur die Beschäftigten an! Als Gesellschaft müssen wir deutlich machen, dass wir solidarisch sind: Echte Anerkennung dieser Berufe muss mehr sein als Klatschen, muss sich auch materiell niederschlagen, in mehr Einkommen, aber auch einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen – etwa mehr Personal in den Krankenhäusern und damit einer Verringerung der Arbeitsbelastung.
Wer zahlt für die Krise?
Die Kommunen argumentieren nun, aufgrund der Corona-Krise seien die Kassen leer, Geld für Lohnerhöhungen gebe es nicht. Es stimmt: Der Staat hat viel Geld in der Krise ausgegeben. Aber sind wirklich alle arm geworden in der Krise? Im Gegenteil: Während ein Großteil der Lohnabhängigen in Kurzarbeit mit deutlich weniger Lohn auskommen musste, haben einige Konzerne deutliche Gewinnsteigerungen zu verzeichnen gehabt. Während für nicht wenige Menschen das Einkommen wegbrach und sie ihre Miete stunden lassen mussten, können sich Vermieter* innen weiter auf ihr Einkommen verlassen. Und während die Beschäftigten in den Krankenhäusern 12-Stunden-Schichten verordnet bekamen, machen private Klinikbetreiber und Konzerne weiterhin große Kasse.
Und wenn es für ein Unternehmen doch nicht reicht, kann auf die staatliche Rettung gehofft werden, wie beim Lufthansa-Konzern, der nun mit öffentlichen Mitteln und staatlicher Beteiligung unterstützt wird, um trotzdem Arbeitsplätze abzubauen und weiter die Umwelt zu verpesten.
Die Krise hat keineswegs alle arm gemacht, sondern einen kleinen Teil, der vorher schon reich war, noch reicher. Wir saßen nie im selben Boot, wir haben nur nicht gesehen, wie die Yacht an uns vorbeizog. Denn was die Krise gezeigt hat, ist die zunehmende Verschärfung eines Klassenkonflikts zwischen der Masse der Lohnabhängigen und einer Kapital-Elite, welche fast zwei Drittel des gesamten Reichtums in Deutschland besitzt. Wenn die Kommunen also sagen, sie haben kein Geld um die Krankenpfleger* innen und Busfahrer* innen vernünftig zu bezahlen, sagen wir: Dann holt euch das Geld von denen, die an der Krise verdient haben, anstatt von denen, die den Laden am Laufen gehalten haben!
Was hat ein Arbeitskampf mit Gesundheit und Klima zu tun?
Bereits im Frühjahr, als die Krankenhäuser im Fokus des öffentlichen Interesses standen, wurden Stimmen laut, die sich gefragt haben, ob ein profitorientiertes Gesundheitssystem in der Situation einer Pandemie wirklich eine kluge Entscheidung ist. Denn was ist es, das zählt: bestmögliche Versorgung und entsprechende Maßnahmen, auch wenn sich etwa das Vorhalten von Betten finanziell nicht lohnt, oder größtmögliche Rentabilität?
Die Tarifrunde wirft deshalb auch weitere Fragen auf, nämlich Fragen nach unserem Gesundheitswesen, unserem Verkehrssystem – kurz: nach sozialen Infrastrukturen und öffentlichen Gütern für die gesamte Bevölkerung.
So wie die aktuellen Arbeitskämpfe die Verteilung von Reichtum in Frage stellen, sollte auch die Frage nach dem Charakter und der Ausgestaltung öffentlicher Einrichtungen gestellt werden. Öffentlicher Personennahverkehr ebenso wie Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sollten Teil einer sozialen Infrastruktur sein, die allen Menschen unentgeltlich zur Verfügung steht!
Unsere Ziele sind deshalb:
1)
Ausbau des ÖPNV und alle Fahrten im VAB-Gebiet zum Nulltarif ! Das ist notwendiger Bestandteil einer echten Verkehrswende und ein Schritt Richtung Klimagerechtigkeit hier vor Ort. Gleichzeitig ermöglicht dies mehr Mobilität und Teilhabe für alle Menschen in Aschaffenburg und den angrenzenden Landkreisen. VAB zum Nulltarif heißt für uns auch, aktuell an der Seite der kämpfenden Busfahrer*innen zu stehen, die die Vorraussetzungen für eine Verkehrswende überhaupt erst möglich machen!
2)
Rekommunalisierung aller am Aschaffenburger Klinikum ausgelagerten Abteilungen und für eine bedarfsgerechte Ausstattung! Krankenhäuser müssen der Profitlogik entzogen und in öffentliche Hand überführt werden – unter Beteiligung von Beschäftigten und Stadtgesellschaft. Einhergehen muss dies mit einer Abschaffung des Fallpauschalensystems (DRGs): Dieses System hat die Ökonomisierung des Gesundheitswesens, die Möglichkeit mit bestimmten Behandlungen viel Gewinn zu machen und den Abbau von Personal maßgeblich vorangetrieben.
Wenn wie aktuell Busfahrer*innen streiken oder es zu Auslagerungen am Klinikum kommt, müssen wir solidarisch hinter den Kämpfenden und Betroffenen stehen.
Kämpfen wir gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen, gegen eine Abwälzung der (Corona-)Krisenlasten auf Kosten der Lohnabhängigen und für eine soziale Infrastruktur, die Gesundheit und Klima dient und allen unentgeltlich zur Verfügung steht!
Interventionistische Linke Aschaffenburg
(Text in Anlehnung an den Aufruf unserer Hamburger Ortsgruppe )