Antifa Cafe? Da war doch was!
Antifaschistische Gruppen und Initiativen gab es seit den 1980ern auch in Aschaffenburg immer wieder – wenn auch meist nur recht kurzlebig und oft nur wenig öffentlich wahrnehmbar. Lediglich das „Bündnis gegen Rechts“ kann regional auf eine kontinuierliche Geschichte – mit allen Hochs und Tiefs die politische Initiativen durchleben – zurückblicken.
Im sich autonom verstehenden Spektrum war das 2012 gegründete „Autonome Antifa Plenum Aschaffenburg“ der letzte Versuch, eine längerfristigie Antifa-Struktur aufzubauen. Doch seit dessen Ende im Jahr 2014 wurde es ruhig.
Im Herbst 2017 starteten ein paar Leute eine neue Initiative und riefen das „Antifa-Café“ im Stern ins Leben. Allerdings wurde das Projekt relativ schnell wieder eingestellt.
Wir haben bei Anna, eine der Initiator*innen, nachgefragt, welche Ideen mit dem Antifa-Café verbunden waren, aber auch nach den Ursachen, die dazu geführt haben, das Projekt wieder einzustellen.
361°: Wann wurde das AntifaCafé ins Leben gerufen? Gab es einen besonderen Grund oder Anlass, eine Initialzündung?
Anna: Die Gruppe rund um das AntifaCafé fand sich im Oktober 2017 zusammen. Einen besonderen Anlass gab es dafür nicht. Wir waren und sind der Meinung, dass es in Aschaffenburg keine fest organisierten Antifa-Gruppen gibt und es einen Ort zur Vernetzung braucht, um die Gründung, das Wachsen und den Austausch solcher Gruppen zu unterstützen. Am 15.11.2017 fand das erste AntifaCafé mit einer Infoveranstaltung zum AfD Bundesparteitag in Hannover statt.
361°: Die lokale Neonaziszene ist derzeit schwach aufgestellt und tritt öffentlich kaum wahrnehmbar in Erscheinung. Warum hattet ihr euch trotzdem dafür entschieden explizit ein AntifaCafé zu machen?
Anna: Die lokale Neonaziszene ist derzeit wirklich schwach. Allerdings war und ist weiterhin ein zunehmender Rechtsruck in der Gesellschaft zu erkennen. Antifastrukturen scheinen daher besonders wichtig. Zum einen, um mit Veranstaltungen und Aktionen einen Gegenpol zu bilden, aber auch um einer möglichen Stärkung der lokalen Neonaziszene aktiv entgegenwirken zu können.
361°: Warum habt ihr den Namen AntifaCafé gewählt? Eine eigentlich eher ungewöhnlich offene Form für einen solchen Treff. Was steckt dahinter?
Anna: Wir haben den Namen bewusst so eindeutig gewählt, da unsere Zielgruppe antifaschistisch interessierte oder bereits aktive Menschen waren. Uns war es wichtig das klar zu benennen. Wir wollten durch unsere Veranstaltungen über verschiedenen Bereichen und Inhalte informieren. Auch war uns wichtig, durch das bewusst in lila gehaltene Logo mit Herzchen die klassischen „Macker-Attitüden“ vieler Antifa-Gruppen aufzubrechen.
361°: Was waren eure Themenschwerpunkte? Welche Veranstaltungen habt ihr gemacht?
Anna: Angefangen haben wir mit einer Info- und Mobilisierungsveranstaltung zum Bundesparteitag der AfD in Hannover. An den Blockadeaktionen vor Ort nahmen wir dann auch mit ein paar Besuchern des AntifaCafés teil. Im Verlauf haben wir einen Vortrag zu der Neonaziszene in und um Aschaffenburg, einen Film- und Diskussionsabend zu dem Fall Oury Jalloh, zu Grauzone-Bands, zum NSU-Komplex und zu verdeckten Ermittlern in der linken Szene organisiert. Zur Premiere des Filmes „Wildes Herz“ gingen wir eine Kooperation mit dem „Casino“ ein. Wir konnten unser Projekt dort vorstellen und im Anschluss fand eine After-Show Party im Stern statt. Das AntifaCafé fand zweimal monatlich statt. Einen Termin wollten wir dabei mit einem bestimmten Thema befüllen, der andere Termin war für den offenen Austausch gedacht.
361°: Was hat euch während der aktiven Zeit am meisten beschäftigt?
Anna: Am meisten beschäftigt hat uns in dieser Zeit leider die Organisation des AntifaCafés und damit verbundene Probleme. Die durchgeführten Veranstaltungen und die dabei entstandenen Diskussionen haben oft noch länger nachgewirkt und beschäftigen uns auch nach dem Ende des AntifaCafés immer wieder.
361°: Warum habt ihr das Projekt schon nach einem guten halben Jahr wieder beendet?
Anna: Wir haben das Projekt beendet, weil es leider nicht genügend Interesse dafür gab. Die Veranstaltungen waren trotz guter Werbung, bis auf ein bis zwei Ausnahmen, schlecht besucht, teilweise saßen wir alleine da. Bei den offenen Treffen ohne festes Thema sah es noch schlechter aus. Hier waren wir beinahe durchgehend unter uns. Es schien als sei die linke Szene in Aschaffenburg kaum für diese Angebote zu motivieren, insbesondere nicht für Veranstaltungen, in denen man sich selbst einbringen kann und soll und nicht nur vorgegebene Themen konsumiert. Erschwerend kam hinzu, dass es innerhalb unserer Gruppe einige Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit gab. Es wurde der Versuch einer Umstrukturierung des Konzeptes unternommen, was aber an dieser Problematik scheiterte, weshalb wir das Projekt zunächst auf Eis legten. Dennoch war die Investition von sehr viel Zeit, Energie und Nerven in ein Projekt, das von der hiesigen linken Szene kaum angenommen wird, der ausschlaggebende Punkt für das Einstellen des AntifaCafés.
361°: Wird es von eurer Seite noch einmal eine Neuauflage des Projekts geben?
Anna: Aktuell ist eine Neuauflage nicht geplant. Allerdings haben wir das immer noch im Hinterkopf. Eine mögliche Neuauflage, in derzeit unabsehbarer Zeit, könnte durchaus möglich sein. Ich würde mich aber auch sehr darüber freuen, wenn andere Menschen Ambitionen dazu hätten.
361°: Was würdet ihr anderen Leuten mit auf dem Weg geben, die ein ähnliches Projekt starten wollen?
Anna: Was wir aus dem Aufbau des AntifaCafés gelernt haben ist die Wichtigkeit sich selbst nicht zu viel zuzumuten und dadurch zu überfordern. Auch hängt viel von der Zuverlässigkeit der Beteiligten ab. Bei der Aufgabenverteilung muss man sich einfach aufeinander verlassen können. Die frühzeitige Bewerbung der Veranstaltungen ist sehr wichtig und auch dann gibt es keine Garantie für einen Erfolg. Man sollte selbst viel Interesse und Spaß an den Themen haben und am besten über persönliche Kontakte Besucher*innen zu den Veranstaltungen holen.
361°: Wir danken dir für das Interview und sind gespannt ob und wie es in Aschaffenburg in Sachen Antifa weiter geht. Denn natürlich braucht es auch in Zukunft weiter Antifa!