Aschaffenburg ruft Klimanotstand aus und unterzeichnet Potsdamer Erklärung
Gleich zwei Themen sozialer Bewegungen wurden letzte Woche auf institutioneller Ebene behandelt und Beschlüsse dazu gefasst. Aktivist*innen und Unterstützer*innen können die Ergebnisse als ihren Erfolg verbuchen.
Am Montag den 13.07. beschloss die Mehrheit des Stadtrats erneut die Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen aus den griechischen Flüchtlingslagern im Sinne der Erklärung Aschaffenburgs zum Sicheren Hafen (Bericht dazu hier) . Darüber hinaus tritt die Stadt Aschaffenburg der sogenannten „Potsdamer Erklärung“ bei und prüft Möglichkeiten zur Unterstützung von Hilfsorganisationen in griechischen Geflüchtetenlagern.
Dem vorausgegangen waren zwei Anträge (siehe hier und hier) der Kommunalen Initiative, ein Antrag der SPD (hier), welcher letzten Endes auch beschlossen wurde und vor allem die vielen kleineren und größeren Protestaktionen der Initiative Seebrücke Aschaffenburg, die durch ihr über einjähriges Engagement das Thema überhaupt bis auf den Verhandlungstisch ins Rathaus brachte.
Am Mittwoch den 15.07. wurde in der Sitzung des Umwelt- und Verwaltungssenates der Beschluss gefasst, dass die Stadt Aschaffenburg offiziell den Klimanotstand ausruft. Damit folgt sie den zahlreichen anderen Städten und Kommunen, die dies bislang taten (siehe dazu auch die Übersichtskarte des Klimabündnis Hamm). Bereits im Mai 2019 hatte die Kommunale Initiative einen Antrag (unser Bericht dazu hier) zur Ausrufung des Klimanotstands gestellt und im Januar 2020 die Nicht-Behandlung angemahnt.
Dem Prozess vorausgegangen waren auch hier vielfältige Proteste der Klimabewegung und zuletzt unterstrich auch ein Forderungskatalog von FFF Aschaffenburg das Anliegen.
Und jetzt?
Protest wirkt. Ein Fazit, dass auf jeden Fall aus den Stadtratsbeschlüssen gezogen werden kann. Denn ohne den kontinuierlichen Einsatz von Aktivist*innen und Unterstützer*innen wären diese nicht so entschieden worden bzw. stünden erst gar nicht zur Debatte.
Ohne überschwänglich zu werden ist gegenseitiges Schulterklopfen für diese kleinen Erfolge durchaus angebracht.
Kritiker*innen mögen einwenden, es handele sich beim all dem sowieso nur um reformistische Symbolpolitik, der wahrscheinlich wenig bis nichts folge. Und das all das angesichts der tödlichen Migrationspolitik und der Klimakrise nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein sei.
Der Einwand ist durchaus richtig. Genau das ist aber, unserem Eindruck nach, auch vielen der beteiligten Aktivist*innen durchaus bewusst, weshalb sie ihre Teilbereichskämpfe in einem größeren politischen Kontext sehen und ihre Arbeit nicht auf bloße Symbolpolitik beschränken oder sich zufrieden zurück lehnen.
Ob kleinteilige Kämpfe vom Kampf ums „große Ganze“ abhalten oder aber die darin gemachten Erfahrungen notwendige Voraussetzungen sind, um überhaupt in die Lage zu kommen diesen führen zu können ist eine schon lange diskutierte Frage.
Wie sehr man ganz allgemein den Blick und politische Forderungen in Richtung von Institutionen richten sollte, diskutieren wir auch innerhalb der Interventionistischen Linken Aschaffenburg immer wieder (siehe bspw. hier).
Wir setzen keine großen Hoffnungen in die Parlamente. Denn über einen notwendigen System Change entscheidet am Ende die Straße.
Diese Perspektive anschlussfähig zu machen und dieses Terrain als Raum radikaldemokratischer Gegenmacht neu zu beleben, ist die große Herausforderung, vor der wir auch in Zukunft stehen. (Auszug aus einem Aufruf der IL Aschaffenburg)
All diese Diskussionen müssen auch weiterhin geführt werden. Doch erst die praktischen Resultate aus gewonnen Kämpfen machen konkret überprüfbar, ob und was diese bewirken. Und das ist schon ein Wert für sich.
Deshalb dürfen nach kleinen Erfolgen auch ruhig mal die Sektkorken knallen oder die Pfeffiflaschen aufgedreht werden.
In diesem Sinne: Prost!